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Private Äußerungen eines Oberbürgermeisters über seinen Gegenkandidaten

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Amtliche Wahlbeeinflussungen sind grundsätzlich Wahlfehler, dagegen sind Einwirkungen privater Dritter auf den Wähler hinzunehmen. So ist die Äußerung eines Oberbürgermeisters auf einem Fest der Feuerwehr zu einer homosexuellen Orientierung seines späteren Gegenkandidaten nicht in amtlicher Eigenschaft erfolgt. Genausowenig stellt die Verteilung eines anonymen Flugblattes auf einer Wahlveranstaltung im unmittelbaren Vorfeld der Wahl keinen Wahlfehler dar.

Mit dieser Begründung hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht die Wahl des bisherigen Amtsinhabers zum Oberbürgermeister von Bischofswerda als gültig angesehen. Damit ist eine gleichlautende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Dresden bestätigt worden. Eine zunächst der Wahlanfechtung stattgebende Entscheidung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts war vom Bundesverwaltungsgericht aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an das Sächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen worden.

In seiner Urteilsbegründung verweist das Sächsische Oberverwaltungsgericht darauf, dass für eine ungesetzliche Wahlbeeinflussung i. S. v. § 27 Abs. 1 SächsKomWG zwischen amtsseitiger Wahlbeeinflussung und privater Parteinahme zu unterscheiden sei. Hiernach seien im Ergebnis amtliche Wahlbeeinflussungen grundsätzlich Wahlfehler, wohingegen Einwirkungen privater Dritter auf den Wähler grundsätzlich hinzunehmen seien. Hiervon ausgehend sei eine Äußerung des Oberbürgermeisters zu späterer Stunde auf dem Schlachtfest der Feuerwehr am 28. November 2009 zu einer homosexuellen Orientierung seines späteren Gegenkandidaten ersichtlich nicht in amtlicher Eigenschaft erfolgt. Zudem fehle es an einem zeitlichen Zusammenhang mit der Wahl, da seiner zeit die Notwendigkeit einer Neuwahl noch nicht festgestanden habe.

Die Verteilung eines anonymen Flugblattes auf einer Wahlveranstaltung im unmittelbaren Vorfeld der Wahl stelle ebenfalls keinen Wahlfehler dar. Dieses Flugblatt habe keinen amtlichen Charakter gehabt, auch wenn sich nachfolgend herausges tellt habe, dass es von einem Mitglied des Gemeindewahlausschusses verfasst worden sei. Das – anonyme – Flugblatt nehme keine amtliche Autorität für sich in Anspruch; es stelle die Parteinahme einer Privatperson im Wahlkampf dar. Diese private Parteinahme sei zwar insbesondere im Hinblick auf die Thematisierung der Homosexualität des Gegenkandidaten, die ersichtlich darauf abgezielt habe, Wähler mit entsprechenden Vorbehalten zu einer Wahl des amtierenden Oberbürgermeisters zu veranlassen, zu missbilligen. Sie stelle jedoch keine – auch bei privaten Parteinahmen im Wahlkampf unzulässige – Ausübung von Druck oder Zwang auf den Wähler dar. Die im Weiteren gerügten Wahlfehler seien offensichtlich ohne Einfluss auf das Wahlergebnis gewesen und schon deshalb unbeachtlich.

Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 15. Januar 2013 – 4 A 462/12


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